Der öffentliche Diskurs und die politische Beteiligung in München ist oft geprägt von lautstark vertretenen Partikularinteressen. Privilegierte Bevölkerungsgruppen verteidigen ihren Status Quo beispielsweise bei Entscheidungen in der Stadtentwicklung. Aufgabe verantwortungsvoller Stadtpolitik ist es, die Interessen aller Menschen zu berücksichtigen. Hierbei ist vor allem zu beachten, dass diejenigen, die von einzelnen Maßnahmen profitieren, wie beispielsweise zukünftige Mieter*innen eines Neubaugebiets, oft keine Lobby haben.
Gleichzeitig erkennen wir einen Rückgang des Vertrauens in die demokratischen Institutionen, oft in Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Status. Die Wahlbeteiligung in unterschiedlichen Vierteln innerhalb Münchens unterscheidet sich teils deutlich.
Die kommunalpolitischen Gremien und Institutionen müssen das Vertrauen der Bürger*innen in die Demokratie und die lokale Mitbestimmung zurückgewinnen. Dies ist von elementarer Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt unserer Stadtgesellschaft. Es ist notwendig, Strategien zu entwickeln, damit politische Institutionen wieder stärker und breiter wahrgenommen werden. Die kommunale Ebene hat hierbei die große Chance den Menschen in ihren Stadtbezirken und Sozialräumen die Demokratie erlebbar zu machen. Diese Aspekte greift nun erstmals die Kampagne der Fachstelle für Demokratie zur Stärkung der demokratischen Teilhabe. Die Maßnahmen und Initiativen die sich im Rahmen der Kampagne „Für mich. Für München. Kommunalwahl 2020.“ sollen auch über die eigentliche Wahl im März weiter ausgebaut und verstetigt werden. Hierbei sollen insbesondere auch stadtweite Projekte zur niedrigschwelligen demokratischen Teilhabe erprobt werden.
Wir setzen uns für eine Demokratisierung aller Lebensbereiche ein. Diese beginnt im Bereich der frühkindlichen Erziehung und findet sich nicht nur in Bildungsinstitutionen sondern auch in Arbeitskontexten und der Freizeitgestaltung sowie in allen öffentlichen Einrichtungen wieder.
Veränderungen bei den Organen der kommunalen Entscheidungsfindung
Die Bezirksausschüsse in München sind wichtige Organe lokaler Beteiligung in den Münchner Stadtbezirken. Bislang sind die Rahmenbedingungen für die Bezirksausschüsse mangelhaft. Um als Orte der Partizipation funktionieren zu können, müssen den Bezirksausschüsse größere Mitspracherechte in der lokalen Ausgestaltung kommunaler Projekte zugesprochen werden. Breitere Kompetenzen stärken die Bedeutung und damit auch die Attraktivität dieses Gremiums.
Damit sich München ganzheitlich und nachhaltig entwickelt, braucht es sowohl Leitlinien auf Stadtebene als auch die konkrete Umsetzung auf Ebene der Stadtbezirke. Die Leitlinien und übergreifende Themen sollen bei regelmäßigen Treffen von BA-Delegationen und dem Stadtrat in einem eigenen Rahmen, dem Münchenrat, diskutiert werden. Dieses Organ soll nicht bloß der Vernetzung dienen, sondern auch gemeinsame Beschlüsse fassen.
Zentrale politische Vorgaben von städtischer Ebene müssen im lokalen ausgestaltet werden, um den Besonderheiten der Stadtbezirke gerecht zu werden. Zugleich müssen die Bezirksausschüsse befähigt werden, eigeninitiativ tätig zu werden. Hierzu bedarf es eigener Verwaltungsstrukturen auf Stadtbezirksebene, die unabhängig von der städtischen Verwaltung die Vorgaben unserer Bezirksausschüsse umsetzen.
Als Modellprojekt fordern wir die Ausstattung von drei Bezirksausschüssen mit eigenen Verwaltungsstrukturen und entsprechender Kompetenzerweiterung.
Die erweiterten Kompetenzen der Bezirksausschüsse führen zu einer deutlichen Mehrbelastung der ehrenamtlichen Bezirksausschussmitglieder, gerade für die Vorsitzenden, die koordinierend tätig sein müssen. Daher fordern wir stärke administrative Unterstützung von Seiten der Verwaltung, einen höheren finanziellen Ausgleich für die Vorsitzenden der Bezirksausschüsse, sowie eine zeitliche Limitierung des Vorsitzes auf zwei Legislaturperioden, um eine Verkrustung der Strukturen zu verhindern.
Durch die Kompetenzerweiterung, die bessere Ausstattung der BAs und eine entsprechende finanzielle Vergütung der Tätigkeiten schaffen wir Strukturen, die offen sind für lokale Partizipation und einen Anker städtischer Demokratie darstellen.
Um die Transparenz von politischen Debatten im Stadtrat zu verbessern, sollen neben den Vollversammlungen auch die Ausschusssitzungen live im Internet übertragen werden sowie auch zu späteren Zeitpunkten zur Verfügung zu stehen.
Die Größe der Stadt und die Komplexität politischer Entscheidungen im städtischen Kontext machen die Professionalisierung der Stadtratsarbeit erforderlich. Die Stadt soll sich daher auf Landesebene dafür einsetzen, dass Stadtratsmitglieder ihrer Tätigkeit hauptamtlich nachgehen können. Zugleich soll die Amtszeit auf drei Legislaturperioden begrenzt werden. Die Fraktionen und Ausschussgemeinschaften müssen personell besser ausgestattet werden.
Wir fordern eine Ausarbeitung zur Zukunft der Bürger*innenversammlung in München. Auch soll die Fachstelle für Demokratie Schulungen für Bezirksauschussmitglieder zur demokratietheoretischen Grundlagenbildung anbieten.
Räte von städtischen Beteiligungsgesellschaften
Wir fordern modellhaft Mieter*innenräte bei der Gewofag und der GWG einzurichten, in denen in einzelnen Siedlungen die Bewohner*innen an Entscheidungen teilhaben können um ihr Wohnen und Leben zu verbessern. Ähnliche Maßnahmen sind auch bei der MVG/SWM denkbar (Fahrgasträte, Stromkund*innen-Räte, etc.). Gleichermaßen fordern wir, die Beteiligung von Mitarbeiter*innen bei städtischen Unternehmen über das gesetzlich vorgeschriebene Maß auszubauen (-> Arbeitsmarktpolitik).
Information und Wissen sind elementare Voraussetzungen für politische Mitbestimmung. Hierzu sollen die digitalen Kommunikationskanäle ausgebaut werden. [ ->Digitalisierung]
Stärkung der Mitbestimmung von Schüler*innen
Frühe demokratische Erfahrungen sind elementar, um Bürger*innen die Relevanz von Partizipation und Mitbestimmung zu vermitteln. Wichtiger Ort für demokratische Mitbestimmung muss daher auch die Schule sein. Wir fordern eine Stärkung der Kompetenzen des Schulforums, in dem Eltern, Lehrkräfte und Schüler*innen paritätisch vertreten sind.
Darüber hinaus wollen wir ein Schüler*innenbudget an jeder Schule etablieren, über das die Jugendlichen selbst entscheiden können. Auf diese Art und Weise werden demokratische Projekte zur Verbesserung des Schulalltags ermöglicht.
Bei demokratischen Angeboten für Schüler*innen spielt die Stadtschüler*innenvertretung (SSV) eine große Rolle. Um die Bedeutung der Arbeit zu unterstreichen ist jedoch eine Stärkung notwendig. Zusätzlich zur Einrichtung einer FSJ-Stelle muss das Budget für politische Aktionen aufgestockt werden.
Damit die SSV ihre politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten wahrnehmen soll, müssen die Sitzungen des Kinder- und Jugendhilfeausschuss nachmittags oder abends stattfinden.
Demokratie als städtische Aufgabe
Um den Vertrauensverlust politischer Institutionen nachhaltig zu bekämpfen, ist die Reduzierung der sozialen Unterschiede notwendig. [Arbeitsmarktpolitik, Sozialpolitik]. Kurzfristig ist es Aufgabe der Stadt, mit Angeboten vor Ort (Demokratiemobil) die Bedeutung und Attraktivität politischer Mitbestimmung zu vermitteln.
Wir fordern
- eine Kompetenzerweiterung der Bezirksausschüsse
- die Einrichtung von Verwaltungsstrukturen auf Stadtbezirksebene, die von den Bezirksausschüssen politisch kontrolliert werden sollen
- die Weiterentwicklung von Bürger*innenversammlungen
- die Errichtung eines Livestream für Stadtratsausschusssitzungen
- die Entwicklung der Stadtratstätigkeit zum Hauptamt
- eine bessere personelle Ausstattung der Fraktionen und Ausschussgemeinschaften
- eine Amtszeitbeschränkung für den Stadtrat sowie den BA-Vorsitz
- die Stärkung kommunaler Mitbestimmungsstrukturen und die Schaffung von Beiratsstrukturen
- Die Einführung eines Schüler*innenbudgets pro Schule
- die Aufstockung des Budgets für die Stadtschüler*innenvertretung
- Ausbau und Verstetigung der Kampagne „Für mich. Für München. Kommunalwahl 2020.“ der Fachstelle für Demokratie, über den Wahltermin hinaus.